"To the puritan all nudes are filth; to the libertine all are defensible. Most people fall somewhere in between." 
Dieses Zitat von Dian Hanson habe ich in ihrem Vorwort zu "The New Erotic Photography" gefunden, welches im Taschen-Verlag erschienen ist. ( Der Taschen-Verlag hat überhaupt viele sehr interessante Bücher (nicht nur) über erotische Fotografie im Programm).
Ich will diesen Satz weder widerlegen noch mir zu eigen machen. Für mich stellt sich hier eher die Frage, warum, nicht nur hier, überhaupt eine moralische Kategorie herangezogen wird, um erotische Bildkunst zu beurteilen. Die Sinnlichkeit ist eine sehr mächtige Komponente unseres Daseins, gleichzeitig wird sie von beiden Seiten des Spektrums verdreht und missbraucht. Der Puritaner benutzt sie, damit Menschen sich schmutzig fühlen einfach dafür, dass sie menschliche Regungen haben. Der Libertin benutzt sie, um seinem ständig offen Mund immer neue Genüsse zu bereiten.
Wenn ich zwei Schritte zurück gehe und mir die Sinnlichkeit betrachte, ist sie für mich einfach etwas, was einen großen Teil unserer Persönlichkeit ausmacht. Sie zu unterdrücken ist, als würde man sich zwingen, mit nur einem Bein zu laufen. Sie zum bloßen Lustgewinn zu benutzen, ist, als würde man die Nase nur zum Schniefen von Kokain zu verwenden.
Viele Abhandlungen über Aktfotografie scheinen mir von der Seite der Libertinage zu kommen und ihren Hauptzweck darin zu sehen, sich gegen die Puritaner zu verteidigen. Eigentlich will man nackte junge Frauen fotografieren, aber damit es akzeptabel wird, macht man Kunst daraus. Also Schwarzweißfotos, Körperlandschaften, "Fine Art Nude".
Dabei verpasst man die Chance, wirklich etwas von der Kraft, der Gewalt, aber auch der Zartheit, der Subtilität der Sinnlichkeit zu erschließen.
Lao Tse schrieb, "Das Geheimnis offenbart sich dem Auge, dass nicht von Begehren getrübt ist."
Das Begehren ist nichts Schlechtes oder Gutes, es ist ein Teil von uns und hat seine Berechtigung wie andere Empfindungen. Es soll aber nicht unser Auge trüben. Nicht, wenn wir das Geheimnis sehen wollen. Das ist Taoismus pur. Keine Pläne, kein Ziel haben. In sich selbst Platz für die Erfahrung machen. Also wenn man hören will, muss man selber einfach mal eine Weile die Klappe halten. Nicht auf das konzentrieren, was man sehen will oder glaubt sehen wollen zu müssen. Sondern auf das, was man gezeigt bekommt.
Wie sieht es auf der Seite des Models aus? Ich sage oft, du musst die Frau nicht spielen, du bist eine. Nimm den Moment ernst, in dem du dich zeigst. Achte darauf, wie es dir dabei geht. Fühlst du dich stark, lebendig, oder überfordert? Würdest du lieber woanders sein, oder bist du neugierig auf dich selbst, auf das was aus dir kommt? Wie nimmst du den Betrachter wahr? Geht es dir vor allem darum, dich selbst zu sehen? Oder willst du gesehen werden? Zunächst ist da der Fotograf. Aber was soll mit den Bildern passieren? Welche Betrachter wünscht du dir? Auf wen soll deine Magie wirken? Sinnlichkeit ist nicht notwendigerweise und nicht in erster Linie ein Zuschauersport.  

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